Auslandsbezug



Welche Auswirkungen kann ein Auslandbezug haben?

Die Zahl der Senioren, die sich ihre in Deutschland erworbene Rente ins Ausland schicken lassen, ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Ca. 1.5 Millionen Rentner lassen sich ihre Rente ins Ausland überweisen, sei es, weil sie als deutsche Staatsangehörige ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, oder aber auch weil viele ehemalige Gastarbeiter nach dem Ende ihrer Erwerbszeit zurück in ihre Heimat ziehen.

Ausreichend für einen Auslandsbezug ist aber auch, dass man eine Ferienwohnung im Ausland oder die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. All diesen Fällen ist gemeinsam, dass eine Verbindung zu mehr als einem Staat besteht, sei es weil man sich dort öfter aufhält, dort lebt oder nicht (nur) die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

  1. Beispiel:

Ein 70-jähriger mit deutscher Staatsangehörigkeit besitzt eine Ferienwohnung in Spanien, in welcher er insbesondere die Wintermonate verbringt (durchschnittlich 4 – 5 Monate pro Jahr). Sein Haus in Deutschland liegt in Frankfurt am Main. Er hat ein Testament in deutscher Sprache errichtet, in welchem er die Lösung des Berliner Testaments gewählt hat (siehe oben).

Nach welchem Recht beurteilt sich die Frage, ob das Testament wirksam ist, wenn er in Spanien verstirbt? Nach welchem Recht beurteilt sich die Frage wenn er in Deutschland verstirbt? Kann es einen Unterschied machen wo man verstirbt, da dies oftmals vom Zufall abhängt?

 

  1. Beispiel:

Eine 55-jährige besitzt sowohl die deutsche, als auch die französische Staatsangehörigkeit und lebt und arbeitet seit 2 Jahren in Luxemburg. Ihr Testament hat sie bereits 2010 ist in deutscher Sprache verfasst. Sie verstirbt in Luxemburg.

Welches Recht kommt zur Anwendung hinsichtlich der Frage, ob ihr Testament wirksam ist und wie es ausgelegt wird? Deutsches Recht? Französisches Recht? Luxemburgisches Recht?

 

Den Wenigsten ist bewusst, dass seit dem 17.08.2015 die EU-Erbrechtsverordnung gilt. Diese regelt welche Rechtsordnung bei einem Erbfall zustande kommt, d.h. bei den beschriebenen Beispielen legt sie fest, ob spanisches oder deutsches Recht bzw. ob deutsches, französisches oder luxemburgisches Recht zur Anwendung kommt.

Nach der EU-Erbrechtsverordnung ist das maßgebliche Kriterium für die Bestimmung des anzuwendenden Rechts der gewöhnliche Aufenthalt. Grob gesagt gilt somit das Recht des Staates, in welchem der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt hat. In Beispiel Nr. 2 ist das anwendbare Recht daher luxemburgisches Recht. Bei Beispiel Nr. 1 ist die Beantwortung der Frage schon schwieriger. Geht man davon aus, dass der deutsche Staatsangehörige 7 – 8 Monate in Deutschland lebt und 4 – 5 Monate in Spanien wird man zu dem Schluss kommen, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland ist. Anders sieht es jedoch aus, wenn er 4 – 5 Monate in seinem Domizil in Spanien lebt, 3 – 4 Monate in seinem Haus in Frankfurt verbringt, ca. 1 – 2 Monate ggf. seine Kinder und Enkel in Hamburg und München besucht und ca. 1 – 2 Monate mit seiner Frau auf Reisen verbringt. Wo liegt nun der gewöhnliche Aufenthalt?

Sollten Sie daher mehrere Wochen im Jahr außer Landes verbringen, besteht immer die Gefahr, dass die zuständigen Gerichte zu der Ansicht kommen, dass Ihr gewöhnlicher Aufenthalt nicht in Deutschland sondern am Ort Ihrer Ferienwohnung ist. Ggf. haben Sie auch eine doppelte Staatsangehörigkeit, wohnen in Deutschland und gehen davon aus, dass deutsches Erbrecht zur Anwendung kommt. Sollten Sie jedoch in dem Land versterben, welches das Land Ihrer anderen Staatsangehörigkeit ist, besteht durchaus die Gefahr, dass die dortigen Gerichte davon ausgehen, dass ihr eigenes nationales Recht zur Anwendung kommt. Kein Richter wendet gerne ein ausländisches, ihm unbekanntes Recht an und bestimmt daher möglicherweise, dass sein eigenes nationales Recht zur Anwendung kommt.

Das Konstrukt des gemeinschaftlichen Testaments ist zudem eine spezifische Eigenheit der deutschen Rechtsordnung und wird von einem Großteil der übrigen europäischen Länder nicht anerkannt, mit der Folge, dass der gesamte Inhalt eines gemeinschaftlichen Testaments als nichtig angesehen wird. In Beispiel 1. kann daher durchaus der Fall eintreten, dass spanisches Recht zur Anwendung kommt, welches ein gemeinschaftliches Testament nicht kennt und dieses somit unwirksam wäre. Die gesetzliche Erbfolge nach spanischem Recht (!) wäre somit die Konsequenz.

Sollten bei Ihnen daher Unsicherheiten bestehen, ob wegen eines irgendwie gearteten Auslandsbezugs Regelungsbedarf vorliegt, zögern Sie nicht sich mit uns in Verbindung zu setzen.


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